CDU Kreisverband Darmstadt-Dieburg

Einführung der Meldepflicht der Jugendgesundheitsuntersuchung J1? Reicht eine Gesundheitskraft an den Schulen aus?

Die Landes-FU Hessens hat auf ihrem Landesdelegiertentag am 24.9.2022  im Rahmen ihres Leitantrags/Positionspapier zur Landtagswahl 2023 auf das Thema Schulgesundheit aufmerksam gemacht.
„Eine flächendeckende Versorgung durch eine Gesundheitskraft an der Schule ist wichtig, zumal die freiwilligen Untersuchung für Jugendliche J1 und J1 kaum wahrgenommen werden….“  
Das reicht der FU Darmstadt-Dieburg nicht!
Die Frauen Union Darmstadt- Dieburg würde gerne die Landesregierung Hessens in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium beauftragen zu prüfen, ob man bundesweit für die Jugendgesundheitsuntersuchung J1, korrelierend zu den U1-9 Untersuchungen, eine Meldepflicht einführen könnte.
 
Sachdarstellung:
 
Die Jugendgesundheitsuntersuchung J1 wurde 1998 für alle 12- bis 14-jährigen Jugendlichen bundesweit eingeführt. Die J1-Untersuchung ist die letzte Vorsorgeuntersuchung nach U1-U9, die von allen Kassen erstattet wird. 
Sie umfasst eine anamnestische Erhebung der Lebenssituation der Jugendlichen und eine körperliche Untersuchung. 
Die erhobenen Daten werden auf einem standardisierten, bundeseinheitlichen Fragebogen festgehalten. 
Es werden 62 % der J1 von Kinder-/Jugendärzten, 36 % von Allgemeinmedizinern und 2 % von hausärztlich tätigen Internisten durchgeführt(1).
 
Aber nur circa 32 % aller Jugendlichen nehmen an der J1 teil (1)!
Demgegenüber steht, dass nur 30 % der Untersuchungen ohne therapierelevanten Befund bleiben!
 
Zur J-Untersuchung gehört die körperlichen Untersuchung: 
Größe, Gewicht, Blutdruck, ggf. Blutprobe und Analyse des Urins, Haltungsschäden, altersgemäße Entwicklung (Stand der Pubertätsentwicklung) werden festgehalten.
Aber auch die Auffrischimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung und Pertussis sind ein wichtiges Thema. 
Die Möglichkeit der Impfung gegen Humane Papillomviren, die an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt sind, wird angesprochen.
Darüber hinaus stehen bei der J1 vor allem die seelische und schulische Entwicklung sowie mögliche Auffälligkeiten im Mittelpunkt. 
In einem ausführlichen Gespräch interessiert sich der Arzt oder die Ärztin auch für das Verhalten des Kindes hinsichtlich Rauchen, Alkoholkonsum und Medienumgang (2). Zur Sprache kommen auch Themen wie Schlafstörungen, Migräne, allergisches Asthma und das Essverhalten/Essstörungen wie Magersucht oder Adipositas.
 
Wie wichtig diese J1 Untersuchung ist zeigen einige Daten:
 
Adipositas bei Kindern nimmt zu!
Die IDEFICS-Studie untersuchte über 11.000 Kindern/Jugendliche und zeigte Zusammenhänge zwischen Ernährung, Lebensstil und Übergewicht bei Jugendlichen auf. 
Insgesamt hat sich das Essverhalten der Jugendlichen in den letzten 30 Jahren grundsätzlich verändert. 
1. mangelnde Bewegung durch zB. intensivem Internetkonsum (heavy Internet use – Internet-Nutzung von mehr als zwei Stunden am Tag), 
2. aber auch falsches Essverhalten z.B. in 22 % der Fälle läuft der Fernsehen beim Essen
3. Erhöhte Mobilität und relative Unabhängigkeit bedingen seltener stattfindende gemeinsame Mahlzeiten innerhalb der Familie. 
4. Eltern, haben immer weniger Überblick, was, wann, heranwachsenden Kindern essen. Fast Food und Snacks sind angesagt.
 
Essstörungen nehmen zu!:
Jeder zehnte weibliche Teenager ist mangelernährt. 
Trotzdem halten sich fast 40 Prozent für übergewichtig. 40 bis 70 Prozent haben schon einmal eine Diät gemacht. 
Ergebnisse der KiGGSStudie des Robert Koch-Instituts über das Kinder- und Jugendgesundheitsverhalten in Deutschland ergaben bei knapp 22 Prozent Auffälligkeiten bezüglich des Essverhaltens (Mädchen > Jungen). Diese Jugendlichen weisen zudem noch deutlich öfter psychische Auffälligkeiten wie Depressivität, Unzufriedenheit mit dem Körperselbstbild auf (4).
 
Hoher Blutdruck in Kombination mit Übergewicht: 
Früher galt eine Hypertonie im Kindesalter als eine seltene Erkrankung oft vergesellschaftet mit angeborenen Erkrankungen der Nieren, des Herzens und der Blutgefäße sowie im Rahmen von hormonellen Störungen oder einer familiären Belastung. In einer Arbeit der Abteilung für Pädiatrische Nephrologie des  Haunerschen Kinderspital der LMU München zeigt den signifikanten Zusammenhang zwischen Adipositas und kindlicher Hypertonie (3).
 
Impfauffrischung:
Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren haben zum Glück selten sehr schwere Erkrankungen und müssen in diesem Alter nicht oft zu ihrer Ärztin bzw. ihrem Arzt. Deshalb werden allerdings in diesem Alter schnell Impfungen vergessen. Gleichzeitig kommen viele Jugendliche durch Klassenfahrten, Schüleraustausch oder Urlaubsreisen in Länder, in denen einige Infektionskrankheiten noch häufig auftreten. Auch deshalb ist es wichtig, dass sie in diesem Alter einen kompletten Impfschutz haben. 
 
Fazit:
Das Ärzteblatt vom 15.Dezember 2016 (5) weist darauf hin, dass trotz vieler guter Ansätze z.B. das vom Bayrischen Landesamt entwickelte „Dein Ticket zur J1“, die Anzahl der J1 Untersuchungen zu erhöhen, scheiterte.
Während mit jährlich über fünf Millionen verpflichtender Untersuchungen von der U1 bis U9 und einer Beteiligungsrate von weit über 90 Prozent vorliegt, wird die 
vom 12. bis zum 15. Geburtstag angebotene Jugendgesundheitsuntersuchung J1 dagegen weiterhin zu wenig genutzt.
Eine Auswertung der Abrechnungsdaten von knapp einer Million Jugendlichen, die in den Jahren 2009 bis 2014 in deutschen Arztpraxen am J1-Gesundheits-Check teilgenommen hatten, ergab, dass immer noch mehr als jeder zweite Jugendliche nicht an der J1 Untersuchung teilnimmt.