Die Diskussion über die Einrichtung von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) beschäftigt den Kreistag schon seit dem Jahr 2013. Der ursprüngliche Ausgangspunkt der Diskussion war die Versorgung der ländlichen Teile des Landkreises mit Hausärzten sicherzustellen. Damals verlangte der Gesetzgeber jedoch für die Gründung eines MVZ, dass man jeweils einen Hausarzt- mit einem Facharztsitz kombinieren musste, weshalb das erste durch den Landkreis betriebene MVZ in Ober-Ramstadt neben den hausärztlichen Sitzen auch einen kardiologischen Sitz hatte. Diese Beschränkung ist mittlerweile durch den Bundesgesetzgeber aufgehoben worden. Das MVZ in Ober-Ramstadt wurde damals schon kritisch von der CDU-Kreistagsfraktion gesehen, da dies der Einstieg in den umfassenden Aufkauf von Praxen im Landkreis bedeuten könnte und der Landkreis erneut in einem Geschäftsfeld tätig werde, in welchem er keine Erfahrungen habe und mit hohen Verlusten für den Landkreis zu rechnen sei (wie z. B. in der Vergangenheit beim Zweckverband Senio).
Bild: CDU / Tobias Koch Am 1. Februar 2016 fasste der Kreistag auf Initiative der CDU-Kreistagsfraktion einen Grundsatzbeschluss, welcher den Gestaltungsrahmen für die Gründung weiterer MVZ`s in Zukunft beschreiben sollte. Uns, wie auch der FDP und den Freien Wählern, war es wichtig, sicher zu stellen, dass der Grundsatz „Privat vor Staat“ bei der Gründung neuer MVZ`s gewährleistet wird. Dies sollte heißen, dass die Gründung bzw. Übernahme von Praxen durch Ärzte Vorrang hat, vor dem Betrieb durch den Landkreis. Auch wenn dieser Beschluss von SPD und Bündnis 90/Die Grünen damals mitgetragen wurde, sieht das tatsächliche Handeln des Landrates und der ihn tragenden Fraktionen, zu welcher seit der Kommunalwahl auch die FDP gehört, leider ganz anders aus.
Seit der Gründung des ersten MVZ`s in Ober-Ramstadt wurde kein weiteres hausärztliches MVZ durch den Landkreis gegründet. Das politische Ziel des Landkreises, gerade die flächendeckende Versorgung mit Hausärzten sicherzustellen, ist damit verfehlt worden. Städte und Gemeinden, welche unter einer akuten Hausarztunterversorgung leiden, wird durch den Landkreis nicht geholfen. Stattdessen wurden mehrere Sitze von Fachärzten aufgekauft (Orthopädie, Chirurgie, Gynäkologie, u. a.) und ans Kreiskrankenhaus örtlich angegliedert. Es wurden sogar Arztsitze gekauft, bei denen laut Kassenärztlicher Vereinigung im entsprechenden Gebiet eine Überversorgung bestehe. Ein gynäkologischer Sitz wurde gekauft, obwohl es gar keine Gefahr gab, dass hier die Inhaberin des Sitzes diesen aufgeben würde, sondern laut Verwaltungsvorlage die Inhaberin des Sitzes lieber als Angestellte des Landkreises arbeiten möchte, als selbstständig tätig zu sein. Ärztevertreter berichten, dass der Landkreis mit den hohen Kaufpreisen die Preise für Arztpraxen in die Höhe treibe. Es sei besser seine Praxis an den Landkreis zu verkaufen, als an eine junge Ärztin oder Arzt. Alle damaligen Befürchtungen der Christdemokraten haben sich damit im Fall der MVZ GmbH bestätigt.
Hinzu kommt, dass sich auch im Management der MVZ GmbH Missstände offenbart haben. So hat sich gezeigt, dass die MVZ GmbH im Jahr 2016 so einen Liquiditätsmangel hatte, dass sie sich Geld bei den Kreiskliniken leihen musste. Hierüber wurden die politischen Gremien durch die Betriebsleitung nicht informiert. Nur durch intensives Nachfragen der CDU-Kreistagsfraktion wurde das ganze Ausmaß bekannt. Daher forderten die CDU-Kommunalpolitiker personelle Konsequenzen ein. Auch dies wurde vom Landrat natürlich ausgesessen. Mit weiteren Defiziten durch die MVZ GmbH, für welche der Steuerzahler aufzukommen hat, ist nach Auffassung der CDU zu rechnen.
Ferner kann man feststellen, dass die MVZ GmbH nicht die an sie gestellten Erwartungen an eine Verbesserung der Hausarztversorgung erreicht hat. Es ist auch festzustellen, dass die ärztliche Versorgung in Teilen unseres Landkreises ohne staatliche Eingriffe funktioniert. Bedauerlicherweise muss auch befürchtet werden, dass die MVZ GmbH dauerhafte Verluste erwirtschaften und damit den Steuerzahler weiter belasten wird.
Was wollen die Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum? Eine Einzelpraxis oder ein MVZ?
Dieser Frage gingen Wissenschaftler der Universität Trier in einer repräsentativen Umfrage nach. Demnach bevorzugen 71 Prozent der Befragten die Einzelpraxis. Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass die Patientinnen und Patienten ihren Ärzten vertrauen und die Nachfrage nach der klassischen Einzelpraxis dem Wunsch nach MVZ`s deutlich überwiegt.
Auch in Zukunft wird unter der Ampel-Koalition mit einem weiteren Ankauf von Arztsitzen zu rechnen sein. „Es ist zu befürchten, dass es irgendwann im östlichen Teil des Landkreises nur noch Gesundheit aus der Hand des Landkreises geben wird. Statt die niedergelassenen Ärzte zu stärken und örtliche private Initiativen, wie z. B. in Dieburg zu unterstützen, geht es der Koalition um den Aufbau eines kreisweiten Gesundheitssystems ohne Rücksicht auf die Patientinnen und Patienten sowie die Finanzen des Landkreises“, so der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Lutz Köhler, abschließend.